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Gedanken 2023, Woche 1: Zeitenwende

(1) Melancholie vor dem Jahreswechsel. Die Stunden, bevor das festliche Diner die trüben Gedanken aufhellt, lasten schwer. Das vergehende, wenig erfreuliche Jahr soll gewiss nicht fortgesetzt werden, noch weniger aber drängt es zum neuen hin, das bloß eine Gewissheit im Vorfeld verbreitet: noch einmal unerfreulicher zu werden, noch weniger Strahlkraft zu haben.

2023


(2) Nun das ominöse Jahr da ist und wir darin stehen, weicht die Besorgnis gefasster Aufmerksamkeit.


(3) Rechthaben und rechtbekommen sind nie deckungsgleich. In unfreier Zeit treiben Recht und Recht besonders weit auseinander: hat man, bekommt man es nicht, hat man nicht, bekommt man es. Merke: Recht wird uns in unfreier Zeit nur geliehen, von jener Macht, die in freier Zeit von uns nur geliehen ist.


(4) Ist die Macht absolut und das Recht relativ, geht auf Erden vieles schief.


(5) Masse killt Klasse, Gedärm macht Lärm: nicht erst seit heute so.


(6) Es ist in unserem ureigensten Interesse, in gefahrvoller Zeit Licht in die Finsternis zu tragen. Nicht nur hellt es das tintige Dunkel etwas auf, nicht zuletzt das unsere, sondern es weist darüber hinaus auch den Weg, wird Kompass und geistiges Zuhause in einem.


(7) Abschied auf Erden von Papst Benedikt: Verlust eines Geistes, der zu den wenigen ganz Großen der Gegenwart zählte – und zählen wird. Gestorben am letzten Tag jener alten Zeit, die von Christi Aufscheinen her datiert, hat er seine große Mission, Gott ins Bewusstsein zu heben und metaphysisch neu deutend tiefer zu verankern denn je, in immanenter Verkörperung an die äußerste physische Grenze getragen und der neuen Zeit transsubstantiell hinübergereicht.


(8) Die Rede von der Zeitenwende, inflationär gebraucht, hat einen wahren, brisanten Kern, von dem die WEF-geprägte Leerformel ablenken will und muss, um die prägende Unzulänglichkeit zu kaschieren und davon abzulenken, dass es ums restaurative, krasse Gegenteil geht. Denn nicht in dialektischen Snobismen liegt das Potential tatsächlicher Zeitenwende; vielmehr ist es in mehrdimensionalem Bewusstsein zu verorten. Nicht das elitäre Zementieren unfreier Ordnung mittels Statistik, Zielvorgabe und Gängelung zündet also die nächste menschliche Entwicklungsstufe, sondern die durchseelte, bewusste Wahrnehmung und Dynamisierung freier Kräfte. Mögen auch manche der propagierten Ideen, unter anderem zum Schutz von Teilen der Natur, eine prinzipielle Berechtigung haben, behindern sie doch die natürliche menschliche Entwicklung. Was nicht anders gewollt ist: Kontrolle, Normierung, Machterwerb auf der Grundlage kleingeistiger Großmannssucht; nur darum ist es den selbsternannten Heilsboten der Natur, den Aposteln menschlicher Unnatur zu tun.


(9) Die dialektische WEF-Ratio gehört der geistigen Steinzeit an.


(10) Von Automaten generierte Texte sind in etwa so inspirierend und steril wie Sexpuppen. Was nicht heißt, dass sie der geistigen Erotik nicht ebenso schweren Schaden zufügen können. Regierungsamtlich zur Norm und legislativ zur Pflicht erhoben, würden sie, um mutmaßlichen geistigen Wildwuchs zu regulieren, erwartbar ähnlich wirksam werden wie genetische Maßnahmen zur Regulation angeblicher Überpopulation. Mit Plänen zum Einsatz geistiger Sexpuppen und deren Boostern per Chip ist unbedingt zu rechnen.

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