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Gedanken 2023, Woche 33

(1) Man könnte irr daran werden, wen die Zukunft (nach persönlichem Geschmack ersetzen durch Schicksal, Weltgeist, Gott…) so alles zum Mittelsmann ihrer Agenda beruft, indem eine äußerst verschachtelte Sinnvernetztheit bewirkt, dass mitunter das Gegenteil einer Sache sie befördert, dass aus Vergehen Gutes erwächst, dass Übelwollende Sinn stiften. Solch vermeintlicher Widerspruch befeuert den innigen Glauben der Haltlosen an Dialektik als Weltprinzip – und legt deren kategorischen Irrtum offen.


(2) Die Redeweise vom Weltgeist ist so ephemer wie die vom Ökosystem. Der Verzicht auf die Begriffe Gott und Natur führt zu keinerlei Erkenntnisgewinn, sondern zu transzendentalem Verlust. Wer aber Gott und Natur wirklich hinter sich lassen will, muss deutlich mehr auf die Waage bringen, muss transzendentale Seinsart dingfest machen und bewusst vertiefen.


(3) Es geht beim Großen Transformationsquark um die „Befreiung“ der Menschheit von allem Subjektiven, Spontanen, Gefühlten, also um die Ersetzung "natürlicher" („faschistoider“) Impulse durch „objektive“ Standards. Anders gesagt betreibt man eine unfassbar primitiv gedachte Entkernung, Aushöhlung und Neuprogrammierung der Menschheit. Letztlich werden sich die menschlichen Hirne und Herzen aber anderweitig zu füllen wissen. Den Gottmenschen der neuen Elite, die Hand an die Baupläne der Zukunft legen, wird der Spaß daran noch vergehen, und zwar unausweichlich.


(4) Alle paar Jahrhunderte, immer vor Epochenwechseln, macht sich kollektive Weltuntergangsstimmung breit, durchwirkt von glaubenseiferndem Gewese: zuletzt im Vorfeld der Renaissance. Vom heraufdämmernden Verlust alter Umstände ist die Menschenherde orientierungslos und hörig und gleicht einem chaotischen Feld von Eisenspänen. Erst wenn ein neues Magnetfeld aufgebaut ist, kehren wieder Ruhe und Ordnung ein. Bevor es soweit ist, kommt es zu wechselnden Versuchen, die Welt und den Begriff von Leben umzudefinieren, die aber allesamt scheitern, wenn der Glaubenseifer vor alten Inhalten strotzt: zu besichtigen in unseren grünen Tagen, den legitimen Erben roter und brauner Umtriebe.


(5) Heidegger aufgefrischt: Geht uns etwas nah, rückt es uns arg auf die Pelle. Fällt uns etwas ein, purzelt es uns mitten ins Hirn. Sagt uns etwas zu, spricht es in uns hinein. Verlieren wir etwas, lösen wir uns davon. Steht uns etwas zu, neigt es sich uns entgegen. Und entscheiden wir uns, fügen wir zusammen, was getrennt war: Heideggers Sprachphilosophie, vordergründig von überwältigender Wucht, leidet an idealisiertem Kollektivismus, was die gefühlige Nähe ihres Autors zum Nationalsozialismus mehr als erklärt.


(6) Sprache umgibt und durchdringt jeden von uns, doch gibt sie nichts vor und drängt uns zu nichts. Den geistig Schwachen hilft sie zu denken, den geistig Freien setzt sie keine Grenzen. In jedes kollektiv prägende Sprachbild kann ein klar Denkender eindringen, um sich tiefer liegende Bildwelten zu eröffnen, und wird auch ganz ohne Bilder auskommen – oder prägt sie kurzerhand um, zum Gewinn oder Nachteil der Schwachen. Heideggers Kollektivismus ist eine Schimäre, auch als nordisch-germanische Stammesvariante.


(7) Die inflationäre Redeweise „man“ befördert die seelische Entkernung des Individuums, an der so viele hingebungsvoll arbeiten.



© 2023 alexander hans gusovius


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